Dissertation: Denkmal versus Natur? Strategien zum Erhalt der Zitadelle und Festung Mainz im Anwendungsfeld digitaler Dokumentation unter Berücksichtigung des Denkmal- und Naturschutzes.
Anfang des 17. Jahrhunderts begann man die mittelalterliche Stadtbefestigung von Mainz auszubauen und durch einen Bastionsring mit Wall und Graben zu ergänzen. Die Fortifikationsarbeiten des inneren Befestigungsringes zogen sich bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts und wurden dann in einem weiteren äußeren Ring fortgeführt. Während das Vorfeld befestigt wurde, vollzogen sich auch einige bauliche Veränderungen in der Innenstadt, sodass die barocke Residenzstadt auch den Erfordernissen einer Festungsstadt gerecht wurde.
Noch heute prägen die damaligen Kasernen und andere Militärgebäude an verschiedenen Stellen das Stadtbild. Während diese Bauten erfolgreich in moderne städtebauliche Strukturen einbezogen und angeeignet werden, gerät das historische Erbe im Bereich des inneren Befestigungsringes und heutigem Grüngürtel der Stadt zunehmend in Vergessenheit. Zum einen mag diese Tendenz ihren Ursprung in den Demolierungsarbeiten Anfang des 20. Jahrhunderts nehmen, doch sie wird darüber hinaus noch durch die Natur gefördert, die diese Bereiche seit wenigen Jahrzehnten wieder für sich gewinnt. Der urwaldähnliche Charakter dieser Zone mag auf den ersten Blick an verwunschene und vergessene Ruinen der Romantik erinnern. Doch während die historischen Mauern einen wertvollen Rückzugsort für die gerade in städtischen Bereichen gefährdete Flora und Fauna darstellt, werden sie gleichzeitig bei mangelhafter Pflege einem hohen Gefahrenpotential ausgesetzt. Unkontrolliertes Gehölzwachstum setzt dem authentischen und wertvollen Mauerwerk irreparablen Schaden zu. Doch auch bei richtiger Pflege und maßvollem Eingreifen kann die Natur noch ein wertvoller Rückzugsort für Tiere und Pflanzen sein, die auf der roten Liste stehen. Die Festung Mainz ist dann nicht nur Denkmal, sie ist auch Biotop.
Ziel der Dissertation von Julia Brandt ist es, die heute noch erhaltene, kulturhistorische Bausubstanz der Festung Mainz zu dokumentieren und ausgewählte Einzelbauten zu rekonstruieren. Der Schwerpunkt der Rekonstruktion soll dabei auf der Zeit der Bundesfestung liegen. Die Arbeit untersucht den Einsatz digitaler Werkzeuge und Methoden zur 3D-Erfassung bestehender Bausubstanz, quellen-basierter 3D-Rekonstruktion zerstörter Bauwerke sowie der Dokumentation der Ergebnisse innerhalb einer virtuellen Forschungsumgebung (VFU). Dabei wird der Frage nachgegangen wie digitale 3D-Modelle als Informationsmodelle in den Dienst der Denkmalpflege gestellt werden können. Welche Voraussetzungen müssen die Modelle und die Systeme erfüllen, um nachhaltig und interoperabel bei der Dokumentation, Verwaltung und Vermittlung eingesetzt zu werden.
Gleichzeitig sollen Lösungswege aufgezeigt werden um das derzeit existierende Biotop zu schützen, als Nische für gefährdete Arten der Tier- und Pflanzenwelt zu gestalten und dennoch das Denkmal zu bewahren. Auf dieser Grundlage soll die Festung im Stadtbild wieder erlebbar werden und die Ergebnisse sollen gleichzeitig auch eine intensivere sowie leichtere Vermittlung der Festungsgeschichte ermöglichen.
Betreuer
Die kooperative Dissertation wird betreut von Prof. Dr.-Ing. Piotr Kuroczyński vom Architekturinstitut der Hochschule Mainz und Univ.-Prof. Dr. Matthias Müller vom Institut für Kunstgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Laufzeit des Projekts
April 2017 – voraussichtlich Anfang 2021